Die Wochenschau, August 2017







Ich habe sofort gewusst: Das ist meins“, sagt Ines Kosin. Sie erinnert sich an ihren Besuch in einer Zoohandlung. Sie war elf Jahre alt und schaute gebannt auf eine Wasserschildkröte. Das ist 20 Jahre her, doch die Faszination für Schildkröten ist geblieben. In Klanxbüll beherbergt Kosin mehr als 30 Griechische Landschildkröten. Ihre gepanzerten Begleiter haben hinterm Haus ein 150 Quadratmeter großes Revier. „Ich versuche ihren natürlichen Lebensraum so gut es geht nachzuahmen“, sagt die Klanxbüllerin. Doch das war nicht immer so. Denn bei der mittlerweile erfahrenen Schildkröten-Züchterin schlichen sich zu Beginn typische Anfängerfehler ein. Von ihrem ersparten Taschengeld bezahlte die damals Elfjährige die Schildkröte aus der Zoohandlung und transportierte sie auf ihrem Fahrrad fünf Kilometer bis nach Hause. Dort angekommen legte sie das Tier in eine Plastikbox. „Rückblickend gesehen, denke ich: Oh mein Gott, wie konnte ich nur.“ Solch strapaziöse Reisen oder Die Ruhe lebt in ihrem Garten Leser stellen ihr Hobby vor: Ines Kosin aus Klanxbüll züchtet Griechische Landschildkröten widrige Lebensbedingungen müssen ihre Griechischen Landschildkröten heute nicht mehr fürchten. Ganz im Gegenteil: Im Garten der Familie Kosin haben die gepanzerten Kriechtiere sogar mehr Platz als die Familie selbst. Stück für Stück verwandelte die Klanxbüllerin die anfangs noch stark bewachsene Fläche in ein Schildkrö-tenparadies, in dem überall Unkraut wächst – mit Absicht. Salat, Obst und Gemüse zu füttern, sei ein typischer Anfängerfehler. „Schildkröten brauchen Unkraut. Einfach den Garten mit verschiedenen Wildkräutern bepflanzen. Die Tiere ernähren sich selbstständig und die Halter sparen sich das Schnippeln.“ Arbeitsaufwand ist gering Wenn das artgerechte Gehege fertig ist, hält sich der weitere Arbeitsaufwand in Grenzen: Täglich Wasser wechseln und abends darauf achten, dass die Tiere ins Gewächshaus gehen. Das habe vor allem zwei Gründe: Schildkröten können ihre Temperatur nicht selber regeln und sind somit von der Außentemperatur abhängig. Wird es abends kühler, zieht es die meisten automatisch ins Warme. Außerdem haben Schildkröten das Bedürfnis, sich vor Feinden zu verstecken. Im Gewächshaus finden sie Schutz. Der geringe Pflegeaufwand ist für Kosin von Vorteil. Denn als Vollzeitangestellte und Mutter zweier Kinder könne sie sich nicht ständig um die Tiere kümmern. Doch wenn Kosin die Zeit findet, brüht sie sich einen Kaffee auf, setzt sich in den Garten und beobachtet ihre Tiere. „Ich gucke die Schildkröten an und mein Herz geht auf.“ Außerdem verhalten sie sich jeden Tag anders. Ihre Aktivität ist vom Wetter abhängig. Ist der Himmel bewölkt, ziehen sie sich ins Gewächshaus zurück. Scheint die Sonne, wärmen sich die Schildkröten auf und werden aktiv. Sie klettern herum oder schubsen sich auch mal gegenseitig um. Wenn Schildkröten unterwegs sind, seien sie schneller als man denkt, sagt die Klanxbüllerin. So ist der Familie einmal ein Tier ausgebrochen. Drei Kilometer weiter fanden die Kosins ihre Schildkröte wieder. So weit schaffen es die Kleinen aber noch nicht. Ines Kosin hält nicht nur Griechische Landschildkröten, sondern züchtet sie auch. Ende Mai erfolgt in der Regel die Eiablage. 54 Tage liegen sie dann im Inkubator. Im Juli/August schlüpfen die Tiere. Die Züchterin gibt den Nachwuchs nur an Liebhaber ab, die den Schildkröten ein Außengehege bieten. „Denn Terrarienhaltung ist ein Klischee. Es machen aber viele, weil sie Angst haben, dass ihre Tiere es draußen zu kalt oder zu nass haben.“ Doch in freier Wildbahn fehlt den Schildkröten dieser geschützte Raum. Sie sind dem Wetter ausgesetzt und erreichen dennoch ein hohes Alter. Gleiche Temperatur schadet den Tieren Eine dauernd gleichbleibende Wärme habe sogar tödliche Konsequenzen für die Kriechtiere. Die Winterstarre und somit einen viermonatigen Temperaturabfall einzuhalten, ist wichtig, damit sich die Tiere erholen können. „Winterstarre ist wie ein Urlaub. Alles fährt herunter. Sind die Schildkröten stattdessen durch andauernde Wärme ständig aktiv, stehen die sie unter Stress und haben sozusagen ein Burnout.“ Sichtbar wird der falsche Umgang mit Tieren beispielsweise an ihrem Panzer. Ein Leben ohne Erholung lasse die Schildkröten zu schnell wachsen. Das führt bisweilen zu einem deformierten Panzer. Um Liebhaber und jene, die es werden wollen, auf Klischees und falsche Haltung aufmerksam zu machen, gibt Ines Kosin ihr Wissen weiter. Um so viele wie möglich zu erreichen, bespielt sie diverse Kanäle. Neben ihrem Buch hält sie Schildkrötenfans auf ihrer Internetseite sowie auf weiteren Plattformen auf dem Laufenden. Als Faustregel solle sich jeder merken, immer den natürlichen Lebensraum der Schildkröte nachzuahmen. Dann sei man auf einem guten Weg, so Kosin. Um einen Eindruck zu bekommen, reiche es schon, sich Bilder anzusehen. Aber Kosin möchte noch weitergehen: „Mein Traum ist, nach Sardinen zu reisen, um dort Schildkröten in freier Wildbahn zu beobachten.“ (nig)



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